Umgeben von Wald wirkt das Dorf Yahidne im Norden der Ukraine trügerisch friedlich.
An einem strahlenden Sommertag tritt eine in Nationaltracht gekleidete Sängertruppe in den Ruinen eines ausgebombten Gemeinschaftsclubs auf. Ihre Stimmen klingen und klingen, während ihre Körper schwanken. Das Publikum klatscht, lächelt und wippt mit den Füßen.
Oberflächlich betrachtet gibt es kaum Anzeichen für das gemeinsame Trauma, das sie erlitten haben. Doch schaut man sich diese freudige Szene genauer an, erkennt man, dass mehrere Zuschauer weinen. Andere halten ihren Kopf in den Händen.
Die Erinnerung an „28 Tage des Grauens“, als russische Soldaten fast die gesamte Bevölkerung in einem Schulkeller einsperrten, ist noch lebendig.
Mitten in ihrem Auftritt verstummen die Sänger, ihre Köpfe neigen sich zu Ehren derjenigen, die ihr Leben verloren haben, als die Russen das Dorf übernommen haben.
„Wir sind als Kinder reingegangen und als Erwachsene wieder rausgekommen. Die Werte ändern sich, wenn man nicht essen, schlafen oder duschen kann“, sagt die 16-jährige Marina, eine der Sängerinnen. „Es ist schwer zu vergessen und schwer zu erinnern.“